Persona Non Grata: New Bundled Reviews...

Hope you've been practicing your university German...



Blood und Shoestrings,

TS

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NONDOR NEVAI: I MINE THE ORE

MISS HIGH HEEL: THE FAMILY‘S HOT DAUGHTER

Aus den Untiefen amphetaminnebelgeschwängerter
Übungskeller staksten vor mehr als 10 Jahren helle Köpfe, die
dann schnell bemerkten, dass Entertainment ein dankbares
Betätigungsfeld, Geschwindigkeit keine Hexerei und die
größte Errungenschaft des Black Metal Movements nicht der
Blast Beat, sondern Corpse Paint ist. Und dass vor allem
bei Musikern Klappern zum Handwerk gehört. Entsprechend
deklarierte man sich zu Virtuosen und Extreme-Jazzern,
liess sich im Studio und auf der Bühne gerne gehen,
improvisierte fröhlich drauf los und strafte jedes Muckerethos
und Peanuts wie Aspekte der Anhörbar- und Verdaulichkeit
Lügen, indem man in beseelter Hemmungslosigkeit auf die
Instrumente und noch schlechtere Witze drosch und noch
mehr Genre-Klischees überreizte und noch fieser jeden
Musik-PR-Ideologen beleidigende Art Works und Konzepte
entwarf, um sich Tonträgerveröffentlichungen und Tour-
Tickets nach Übersee zu ergaunern. Der Skin Graft-Kosmos
begeisterte dann kurzweilig die Checker-Massen durch
augenscheinliches Ironieaufgebot, dabei war und ist es
Menschen wie Nondor Nevai und Weasel Walter (remember
The Flying Luttenbachers!) bitterer Ernst: Was die Brötzmann-
Sippe kann, können wir schon lange, müssen sie sich
dereinst gedacht haben und etablierten eine nicht ganz so
stocksteife oder sich gar allzu ernst nehmende Improv-Szene
zwischen Referenz-Fetzen, Noise, Comedy und Jazz. Es ist
zu bezweifeln, dass man mit dieser hemmungslos gelebten
Freude am Krach reich wird, selbst bei größtmöglicher
Verwertung der zahlosen Sessions in immer neuen
Konstellationen, aber wer will schon an die Rente denken,
wenn es doch um künstlerische Integrität geht? Trotzdem
ist es naturgegebenerweise an der Zeit der Zweitverwertung
und Legendenbildung. Im Nachttischschränkchen
gefundene Tapes wollen als Trevor-Brown-Artwork-geadelte
Quasi-Supergroup-Reissues an den Mann, handverlesene
Sammelsuria-Kompilationen als Best Ofs rausgebracht
werden, um wieder einmal auf Unverständnis und bald taube
Ohren zu stossen, dabei ist den Aufnahmen vor allem eines
anzuhören, eine Qualität, die selten geworden, dabei, bei aller
Angestaubtheit der Begrifflichkeiten (wir reden ja immerhin
von Jazz ha ha), von höchster Wichtigkeit für -so klassizistisch
wollen wir heute mal einfach sein- unverfälschten
Musikgenuss ist: Spielfreude, manisch, ohne Rücksicht auf
Verluste oder gar Zugeständnisse an die Zugänglichkeit, dafür
mit dem Kopf quasi im Klo. Ja, so klappts auch mit dem
Nachbarn (weil, der beschwert sich unter Garantie). (Nondor
Nevai: Savage Land, Miss High Heel: Blossoming Noise)

TO LIVE AND SHAVE IN LA: THE CORTEGE

SUDDEN INFANT: PSYCHOTIC EINZELKIND

Es sind in Würde gealterte Männer, die uns die Wege in
die Zukunft weisen wollen. Sie sind mitunter ein wenig
divenhaft im Sinne von Künstlerethos, doch sie stehen
zu dem und wissen, was sie tun, werden dabei immer
pointierter und verstehen die Popkultur nur als eine der
möglichen Bühnen, niemals stellen sie sie ins Zentrum
ihres Schaffens. Sie sitzen lieber bequem zwischen den
Stühlen, diagnostizieren messerscharf, wann sie selbst
es sind, die nur Alteinhergebrachtes, als Avantgarde
verpackt, wiederkäuen, und sind stets auf Reisen. Sudden
Infant ist seit Mitte der Achtziger weltweit unterwegs,
seine extrem körperorientierten, mit Kontaktmikros und
Effekten induzierten Klangverdichtungen zu präsentieren,
eigentlich das Paradebeispiel für gelebte Noise-Kultur, schon
längst vom Goethe-Institut und dem Schweizer Pendant
prohelvetia fürs trotzdem ignorante Feuilletonistentum
geadelt, aber die berichten ja lieber in flammenden Zungen
von durchgekoksten Langeweilern wie den Einstürzenden
Neubauten und ihren inzwischen doch etwas peinlichen
Kunstblasen. Wer dagegen Sudden Infant unter optimalen
Bedingungen live erlebt hat, wird danach vielleicht von der
Lyrik des Lärms, der dann keiner mehr ist, sprechen, wird
das Gefühl nicht los, dass man eventuell doch etwas verpasst
haben könnte damals, als es losging mit dem Noise und
dem Industrial, gut zwei Jahrzehnte, bevor David Tibet und
William Bennett Popstars und elektronische Klangerzeuger
Allgemeingut wurden. Wird so etwas wie Glück empfinden,
nochmal Zeuge dieser intensiven, vereinnahmenden Art der
Klangerzeugung geworden zu sein. Wer ausserdem das Glück
hat, sich mit To-Live-And-Shave-Mastermind Tom Smith
auseinanderzusetzen zu dürfen, wird feststellen, dass sich
hinter der Maske des Intellektualismus eine ausgeklügelte
Strategie der Verweigerung verbirgt, deren Fundamente
der satirische Humor und die Lust am Austausch sind.
Wenn er auf der diesjährigen Europatour mit Schal und
T.Rex-Shirt erst backstage seine Vokalübungen machte,
um dann Teile des unbedarften Publikums mit seiner
Interpretation eines sterbenden Glam-Bowies zu den extrem
kaskadischen Elektronik-Sperrfeuern von Sickboy Milkplus,
Gay Bomb und Sudden Infant zu befremden, schien
temporär jeder Soundschnipsel, jedes Wort wohldurchdacht
und wie zufällig aus dem Ärmel geschüttelt zugleich,
sowie es den spärlichen Besuchermengen, die sich aus
Paradiesvögeln, seelenverwandte Künstlern, Noiseaktivisten,
Sensationssuchern, Sex Maniacs, Subkulturtouristen und
unbedarften Pistengängern zusammensetzten, zum Fraß
vorgeworfen wurde. The Cortege ist sehr gut in der Lage,
Momente dieser Transzendenz wiederzugeben, zumal ein
Großteil der Tour mit Material dieses im herkömmlichen
Sinne komponierten und produzierten Albums bestritten
wurde. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass sich in
einem anderen inzwischen nicht mehr ganz so jungen Mann,
nämlich Sonic Youths Thurston Moore, einer der bekanntesten
Fürsprecher dieser schallenden Gegenwelt findet.Und deshalb
steuert dieser auch einen schönen Remix des heimlichen
Sudden-Infant-Tour-Hits „Somniphobia“ bei, eine nette Geste,
mindestens. (beide: Blossoming Noise)

All by Herr André P

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